Chronik

Eine Chronik von unseren Vereinsmitgliedern Theo Nasser und Wilfried Mahler zum 75-jährigen Vereinsjubiläum im Jahr 2022

1947 bis 2022 – 75 Jahre Tennisclub Blau-Weiß Soest 

75 Jahre in der Gemeinschaft mit Sport und Geselligkeit.
75 Jahre schon, doch kein Anlass für geschichtsträchtige und traditionsbeladene Abhandlungen  –  dennoch Momente des Verweilens und Nachdenkens, wie alles war und wird, sich gestaltet und erneuert, immer wieder erneuert und verändert.
Neue Formen, neue Gesichter, denn was bleibt, ist bald Erinnerung.

Da waren also im Frühjahr 1947 zwei passionierte „Cracks der alten Schule“, die den Stein zum Anstoß gaben, Dr. Herbert Sonten und Josef Rösler. Und mit einer kleinen Schar von Helfern wurde eine völlig verwilderte Platzanlage im Bad Sassendorfer Kurpark zum Tennisplatz hergerichtet.

Der Anfang war geschafft. Nach der Chronik flitzten am 3. Mai 1947 die ersten Bälle über das Netz. Am 16. Mai war Gründungsversammlung im Hause Dr. Sonten mit der vorläufigen Namensgebung TC Soest-Bad Sassendorf. Und schon am 1. Juni 1947 startete unter der Leitung von Hermann Knickmeyer das erste Freundschaftsturnier gegen TuS Hamm. Und noch im selben Jahr wurde bei der ersten Mitgliederversammlung aus dem Tennisclub Blau-Weiß Soest-Bad Sassendorf der Tennisclub Blau-Weiß Soest. Man habe, so steht es in einer anfänglichen Chronik zu lesen, nach einem neutralen Namen gesucht, der sowohl den Soester als auch den Sassendorfer Mitgliedern genehm war. An teilweise kuriosen Vorschlägen habe es nicht gemangelt.

Noch im ersten Gründungsjahr, am 1. November, erfolgte auch der erste Spatenstich für die vorgesehene Platzanlage im Soester Stadtpark. Ganz kleine Anfänge, 1 ½ Jahre dauerte es, bis das von Bombentrichtern und Baumwurzeln übersäte Gelände mit Hilfe der einsatzfreudigen Mitglieder in zwei Tennisplätze umgewandelt wurde. Einweihung im Mai 1949, der Vorsitz war von Dr. Herbert Sonten an Karl-Albrecht Goebel gewechselt. Ständig steigende Mitgliederzahlen machten schon wenige Jahre später die Erweiterung der Platzanlage und den dringenden Bau eines Clubhauses erforderlich. Doch bei den damaligen Soester Stadtvätern, die ihren Stadtpark wie einen „Augapfel“ hüteten, stießen die Tennisspieler auf Granit. Die ablehnende Begründung: „Störung der Nachtigallen beim Brüten“.

Erst 1956, unter der Leitung des langjährigen Vorsitzenden Karl Albrecht Goebel, fand der Club am westlichen Stadtparkrand seine eigentliche neue Heimat. Am 30. September konnte der Spielbetrieb auf 4 Plätzen eröffnet werden.

Schon 1957 nahmen die Mitglieder ihr neues, massiv erstelltes Clubhaus in Betrieb. Es war eine Zeit des Aufbruchs, sportlich mit den Freundschaftsturnieren gegen Paderborn, Lippstadt, Bielefeld, Hamm und Castrop. Bei den Clubmeisterschaften im September gewannen Erika Pantke und Klaus Osthoff je 3 Titel. Beim Städtevergleichskampf 1959 in Iserlohn waren bei den Herren Osthoff, Witzig, Mentz, Kordel, Mainka und Torley und bei den Damen Pantke, Lohmeyer, Langhagel und Meiners erfolgreich dabei.

1959 stieg auch die Mitgliederzahl auf 154. Der TC Blau-Weiß war in den Nachkriegsjahren ein „Stück Heimat“ für die Cracks auf der „roten Asche“ geworden. Zahlreiche freundschaftliche Begegnungen wurden gegen Castrop-Rauxel, RW Fröndenberg, RW und RC Hamm, Blau-Gold Arnsberg, Reichsbahn Münster, Flora Dortmund und Bielefeld ausgetragen. Der TC Blau-Weiß wurde in dieser Zeit ein fester Begriff im Sport des Kreisgebiets. Ein Zuschuss der Landesregierung in Höhe von DM 4.000,– wurde für die Fertigstellung der clubeigenen Räume erstmals gewährt.

Am 30.9.1963 verunglückten der Vorsitzende K.-A. Goebel und seine Ehefrau „Enne“ tödlich. Ein Schock für den Verein. Fast 15 Jahre hatten der BW-Vorsitzende und sein Vorstand eine immense Aufbauarbeit geleistet.

„Schorsch“ Nölle wurde neuer 1. Vorsitzender des Vereins. Schon in den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts musste bei der wachsenden Mitgliederzahl eine Aufnahmesperre verhängt werden. Es war die Zeit, da man noch zwei „Bürgen“ brauchte, um Mitglied zu werden. Es gab eine Warteliste! Auch die Wintermonate waren ausgefüllt.

Hier ein Einblick in den Veranstaltungskalender 1966/67: Filmabend mit Walter Rösler: „Im Kielwasser des Kolumbus“, die Atlantik-Überquerung mit der „Inga II“, Kurt Schaumanns „Verlorene Träume“ wurden gezeigt und auch das Tanzbein geschwungen. Man höre und staune: Initiatoren waren Wilfried Mahler, der langjährige Vorsitzende (bis 2014) mit Ehefrau Marlis. Standard- und moderne Tänze wurden eingeübt, Wiederholungen und neue Einstudierungen füllten das abwechslungsreiche Abendprogramm. Die Karnevalsfeste waren ebenso stadtbekannt wie die Winterfeste in der Ressource und im Club Bayard.

Lange bevor Boris Becker und Steffi Graf die Tennisszene beherrschten, erlebte der Tennissport in Soest Ende der 60er und Anfang der 70er Jahreunter Schorsch Nölle einen enormen Aufschwung. 1971 wurde die Anlage auf insgesamt 7 Plätze erweitert, 1976 erfuhr das Clubhaus eine großzügige Erweiterung. Ernst  Schröder war als Geschäftsführer für „das Grobe“ verantwortlich. Über 400 Mitglieder zählte der TC Blau-Weiß Soest damals. Der Leistungssport dominierte: Zweimal wurde die 1. Herrenmannschaft Westfalenmeister, zweimal Vize-Westfalenmeister und zweimal erreichte sie den 3. Platz. Dreimal nahmen sie an der Aufstiegsrunde zur Bundesliga teil. Es war die Zeit, in der Soest Hochburg des Tennis im Westfälischen Raum war. Eine unvergessene Zeit für alle, die dies miterlebt haben. Es gab 14 Jugend- und Erwachsenenmannschaften, die ständig um Sieg und Niederlagen in ihren Klassen kämpften.

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Das Hellweg-Turnier, 1963 als Maiturnier ins Leben gerufen, gehört längst zum festen Bestand des Vereins. Es hat sich auf DTB- Ebene zu einem auch international anerkannten Ranglistenturnier entwickelt, das Soest in den 5 Turniertagen zum Mittelpunkt des „weißen Sports“ werden lässt und den Zuschauern tollen Tennissport „live“ bietet. Auch die notwendige, umfangreiche Organisation, die schon lange vor Turnierbeginn in Angriff genommen wird und um die sich besonders das Team um Wilhelm Brinkkötter und Arndt Grotjohann verdient macht, muss erwähnt werden.

Von 1977 bis 1983 leitete das Soester „Urgestein“ Klaus Osthoff die Geschicke des Vereins. Getragen von dem Becker-Graf-Boom sprossen die Tennisvereine „wie Pilze aus der Erde“. Beim TC Blau-Weiß mussten nach dem Erweiterungsbau des Clubhauses die angewachsenen Schulden in den Griff genommen und abgebaut werden. Das gelang unter Dr. Theo Schulte (1985-1995), der nach Eckhard Pipke (1983-1985) als 1. Vorsitzender das Ruder übernahm und äußerste Sparsamkeit einforderte. Es fielen aber auch zahlreiche Reparatur- und Renovierungsarbeiten an der Anlage an. Dennoch gelang es in der Folgezeit, den Schuldenstand von rund DM 343.000 fast um die Hälfte zu reduzieren, auch weil sich die Mitgliederzahl wieder über 400 im Rahmen des damaligen Tennisbooms erhöhte. Ziel war es in all den Jahren, die Jugendarbeit zu fördern und gleichzeitig den Leistungssport nicht zu vernachlässigen. Die 1. Damenmannschaft stieg damals bis zur Regionalliga auf. Nach der Wende 1989/1990 entstanden feste Freundschaftsbeziehungen und wurden mit dem thüringischen Apolda sowie ungarischen und südafrikanischen Tennissportlern geknüpft.

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Nach Dr. Ötte Schulze (1995-1996) und Dr. Dirk Beckmann (1996-1998) wurde 1998 Wilfried Mahler zum 1. Vorsitzenden gewählt. Der von Dr. Schulte begonnene und auch von den Nachfolgern fortgesetzte Schuldenabbau wurde konsequent fortgesetzt, sodass 2004 alle Darlehen der Banken und Brauereien zurückgezahlt waren. Damit war der Club erstmals wieder schuldenfrei.

Die damit geschaffenen besseren finanziellen Möglichkeiten wurde genutzt die Jugendarbeit zu intensivieren. Die Zahl der Jugendlichen wurde in wenigen Jahren verdoppelt. Eine junge männliche Truppe um Florian Lemke, Max Loer, Bastian Ketterer und Viktor Trotzko marschierte in fünf Jahren von der Bezirksliga über die Verbands- und Oberliga in die Westfalenliga. Nach und nach haben sich andere leistungsstarke Spieler aus der Region – unter anderem die späteren Davis-Cup-Spieler Jan-Lenard Struff und André Begemann – dieser Mannschaft angeschlossen. Im Zeitraum 2003-2013 hat diese Truppe 11x im Sommer und Winter die Westfalenmeisterschaft nach Soest geholt. Auch einige andere Mannschaften, wie die 1. Damen, die Damen 30 und die Herren 70+75 erreichten laufend Spitzenplätze in der Regional- und Westfalenliga. Hugo Hahne und Wilfried Mahler wurden regelmäßig in die Nationalmannschaft ihrer Altersklasse berufen. Letzterer wurde 2015 mit dem Team Weltmeister. Mit Recht wurde in dieser Zeit Soest als Tennishochburg Westfalens bezeichnet.

Auch in die Anlage wurde investiert. Das Clubhaus wurde zum 60. Geburtstag außen saniert und innen renoviert. 2009 erhielten die Plätze 5 und 6 eine Grundsanierung und die übrigen Plätze wurden mit neuen Linien ausgestattet. Ab 2014 traten viele Spieler und Spielerinnen aus beruflichen Gründen zurück oder wechselten in eine höher spielende Mannschaft 30+. Der erfolgreiche Trainer Peter Osthoff mußte deshalb wieder neue Mannschaften aufbauen. Nach 17 Jahren (1998-2015) fast gleicher Vorstandsbesetzung traten nach und nach die langjährig aktiven Vorstandsmitglieder ab. Es begann eine Phase des Übergangs im Vorstand mit dem 1. Vorsitzenden Rolf Haake (2015-2017) und Dr. Dirk Beckmann (2017-2019), ehe mit Dr. Thomas Johann (2019- 2021) und ab 2021 mit Bastian Porsch ein stark verjüngtes Vorstandsteam die Geschicke in die Hand genommen hat. Mit neuen Ideen und Maßnahmen wurde erfolgreich gestartet. In das Clubhaus wurde massiv investiert, um mit einem italienischen Restaurant wieder attraktiver zu werden. Eine Photovoltaikanlage wurde installiert und Outdoor-Trainingsgeräte aufgestellt. Ein neues Konzept für den Leistungssport und ein Förderprogramm für die Jugend wurden erarbeitet. So ist unser Club auch im 75. Jahr seines Bestehens für die Zukunft gerüstet.

Theo Nasser
Theo Nasser